Die Abhängigkeit der Industrienationen vom Erdöl

Die Abhängigkeit der Industrienationen vom Erdöl

Nach einer schweren weltweiten Rezession, die vor allem durch die Gier unverantwortlicher Bankmanager verursacht wurde, steht die Weltwirtschaft erneut am Rand des Abgrunds. Die Aufstände der Bevölkerung gegen die Diktatoren in Nordafrika und im Nahen Osten haben den Ölpreis auf den höchsten Stand seit zwei Jahren katapultiert. Nicht wenige Wirtschaftsexperten rechnen damit, dass der Preis für einen Liter Superbenzin in Europa bald im Durchschnitt zwei Euro kosten könnte. Schon wird die Gegenwart mit den Jahren 1973 und 1979 verglichen, als Krisen bei der Ölversorgung, zu jeweils heftigen Einbrüchen in der Konjunktur führten.

Die Rohstoffe werden immer teurer

ErdölGleichzeitig geht die Angst vor einer Inflation in den Industrienationen um. Auf der ganzen Welt steigen die Preise für Rohstoffe, was vor allem für die Entwicklungsländer verheerende Folgen hat. Der Preis für Weizen hat sich zum Beispiel innerhalb eines halben Jahres verdoppelt. In Staaten, in denen viele Menschen in Armut leben, ist Brot dadurch zu einem Luxusartikel geworden. Die Wut der Menschen über teure Grundnahrungsmittel war einer der Faktoren, die zu den Aufständen in Ländern wie Tunesien und Ägypten führten.

Die politischen Unruhen finden in einer Region statt, unter deren Boden rund zwei Drittel der weltweiten Erdölreserven liegen. Das unheilvolle Trio Teuerung, Geopolitik und Geologie hat die Macht, den Aufschwung in der Weltwirtschaft zum Erliegen zu bringen. Dabei spielt nicht nur der Preisanstieg beim Erdöl eine entscheidende Rolle. Auch die Preise für Eisenerze hören nicht mehr auf zu steigen. Das hat zur Folge, dass der Stahl teurer wird, was vor allem negative Auswirkungen auf die Autoindustrie haben wird. Es ist vorhersehbar, dass die Branche ihre gestiegenen Kosten auf den Verbraucher umlegen und die Neuwagenpreise bald erhöhen wird.

Die globale Wirtschaft ist immer noch angeschlagen

RaffenerieDie Teuerungsspirale wird voraussichtlich keine vorübergehende Erscheinung sein. Parallel dazu verschieben sich die wirtschaftlichen Kraftzentren der Welt. Schwellenländer wie Indien und China haben schon jetzt gegenüber den Industrienationen stark aufgeholt, und ihre ökonomische Bedeutung wird weiter wachsen. Der Hunger dieser Nationen nach Rohstoffen ist nahezu unersättlich. Diese wachsende Nachfrage stößt allerdings auf ein Angebot, das ständig knapper wird. Das könnte zu weiteren Preisschocks an der Rohstofffront führen.

Wäre die globale Wirtschaft in einem soliden Zustand, könnte sie mit dieser gefährlichen Entwicklung fertig werden. Allerdings ist die Weltwirtschaft immer noch in einem angeschlagenen Zustand. Die Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 hat die Verschuldung der meisten Industriestaaten gewaltig ansteigen lassen. Dazu kommt die ungesunde Disparität der Währungen, vor allem zwischen dem amerikanischen Dollar und dem chinesischen Yuan. Zudem hat die Geldpolitik der Notenbanken zu einer Geldschwemme geführt, durch die die Inflation weiter angeheizt wird. Schon jetzt beträgt sie in der Eurozone 2,4 Prozent.

Von Hans Klumbies