Der Name des Ökonomen Wassily Leontief wird immer mit der Idee der Input-Output-Analyse verbunden bleiben. Er verknüpfte die Wirtschaftstatsachen mit der Wirtschaftstheorie, indem er die gesamte Ökonomie in einer Matrix darstellte. 1936 veröffentlichte er seinen ersten Aufsatz über die Input-Output-Analyse. Fünf Jahre später machte ihn sein Buch über die Struktur der amerikanischen Wirtschaft von 1919 bis 1929 weltbekannt. Anhand einer Matrix, einer Tabelle mit Zeilen und Spalten, zählte Wassily Leontief alle Inputs, also alle Güter und Dienstleistungen, die eine Branche bekommt, und alle Outputs, also das, was sie an andere verkauft.
Wassily Leontief erforscht Entwicklungsstrategien für die Weltwirtschaft
In seiner ersten Studie unterschied Wassily Leontief 42 verschiedene Branchen, die jeweils einmal in einer Spalte und einmal in eine Zeile auftauchten. Wenn man den Güterausstoß einer Branche zu seinem Input in Beziehung setzt, den sie von den Zulieferbranchen bekommt, lässt sich der so genannte Leontief-Koeffizient berechnen. Diese Verhältniszahlen geben beispielsweise an, wie viel von der Stahl-, Glas-, Farben- und Gummiwarenindustrie gekauft werden muss, um Autos von einem bestimmten Wert herzustellen.
Wassily Leontief verbesserte ständig sein Verfahren, führte moderne Produktionsfunktionen ein und dynamisierte sein ganzes Modell. Während des Zweiten Weltkriegs erforschte er für das amerikanische Arbeitsministerium die Auswirkungen auf die Beschäftigung, wenn von der Kriegswirtschaft auf die Friedenswirtschaft umgestellt wird. In den 70iger Jahren untersuchte er im Auftrag der Vereinten Nationen mögliche Entwicklungsstrategien der Weltwirtschaft. Im folgenden Jahrzehnt forschte er über die Folgen der Automatisierung für die Beschäftigten.
Wassily Leontief widerlegt das „Heckscher-Ohlin-Theorem“
Anhand einer empirischen Studie widerlegte Wassily Leontief das bis dahin unangefochten geltende „Heckscher-Ohlin-Theorem“. Theoretiker des Außenhandels hatten bisher angenommen, dass ein Land solche Güter ausführt, für die es besonders reichlich mit Produktionsfaktoren ausgestattet ist. Länder, in denen die Arbeitskräfte zahlreich und billig sind, müssten nach dieser Theorie arbeitsintensive Produkte exportieren, während hingegen reiche Länder kapitalintensiven Waren den Vorzug geben würden. Wassily Leontief bewies am Beispiel der USA genau das Gegenteil.
Das reiche Amerika exportierte 1947 vor allem arbeitsintensive Produkte. Das Leontief-Paradox war geboren. Er riet seinen Kollegen, sich mehr mit der Realität zu beschäftigen und sich nicht hinter algebraischen Zeichenwänden zu verstecken. Er selbst bevorzugte das Wissenschaftspostulat des Philosophen Francis Bacon, das wie folgt lautet: Beobachten, messen, erklären und überprüfen.
Kurzbiographie: Wassily Leontief
Wassily Leontief wurde am 6. August 1906 in St. Petersburg geboren. In seiner Geburtsstadt begann er das Studium der Ökonomie, dass er ab 1925 in Berlin fortsetzte und 1928 seine Dissertation mit dem Titel „Die Wirtschaft als Kreislauf“ veröffentlichte. Nach einer kurzen Tätigkeit am Kieler Institut für Weltwirtschaft, reiste Wassily Leontief 1931 in die USA und lehrte und forschte über vier Jahrzehnte bis 1976 in Harvard. Danach wechselte er an die New Yorker University. 1973 erhielt der Ökonom den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Wassily Leontief starb am 5. Februar 1999 in New York.
Von Hans Klumbies