Die sieben Kriterien für ein gutes Konjunkturprogramm

Die sieben Kriterien für ein gutes Konjunkturprogramm

Ein gut konzipiertes Konjunkturprogramm sollte laut Joseph Stiglitz sieben Kriterien erfüllen. Erstens sollte es schnell wirksam werden. Seiner Meinung darf man in Krisenzeiten nicht warten, sonder muss sehr schnell Kapital in die Wirtschaft pumpen, damit es nicht Monate dauert, bevor die wirtschaftspolitischen Maßnahmen greifen. Zweitens sollte es wirksam sein. Wirksamkeit bedeutet für Joseph Stiglitz, dass jeder ausgegebene Dollar oder Euro die Beschäftigung und die Produktion einer Volkswirtschaft stark erhöhen sollte. Der Betrag, um den sich das Nationaleinkommen für jeden ausgegebenen Dollar erhöht, heißt Multiplikator. Joseph Stiglitz erläutert: „Im Durchschnitt beträgt der kurzfristige Multiplikator für die US-Wirtschaft etwa 1,5. Wenn die Regierung heute eine Milliarde Dollar ausgibt, wird sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr um 1,5 Milliarden Dollar erhöhen.“

Ein gutes Konjunkturprogramm sollte in Vermögenswerte investieren

Drittens sollte ein gutes Konjunkturprogramm laut Joseph Stiglitz die langfristigen Probleme eines Landes angehen. Seiner Meinung nach müsste es beispielsweise auf hohe Handelsdefizite, niedrige nationale Sparquoten, langfristige Finanzprobleme in der staatlichen Rentenversicherung, eine verfallende Infrastruktur sowie auf die globale Erwärmung einwirken, da die genannten Probleme die langfristigen ökonomischen Perspektiven eines Landes stark eintrüben.

Das vierte Kriterium eines wirksamen Konjunkturprogramms ist für Joseph Stiglitz die Konzentration auf Investitionen. Der Wirtschaftsnobelpreisträger erklärt: „Wenn Gelder aus einem Konjunkturpaket in Vermögenswerte investiert werden, die die Produktivität eines Landes langfristig steigern, wird sich das Land auf lange Sicht infolge des Konjunkturprogramms in einer besseren Verfassung befinden – auch wenn der Output und der Beschäftigungsgrad schon kurzfristig ansteigen.“

Von einem Konjunkturprogramm dürfen nicht nur die Reichen profitieren

Fünftens sollte ein Konjunkturprogramm gerecht sein. Bei der Ausgestaltung von Konjunkturpakten sollte laut Joseph Stieglitz immer darauf geachtet werden, dass nicht nur eine Gesellschaftsschicht davon profitiert. Er erklärt: „Gerechtigkeit bedeutet, dass Steuersenkungen, wie sie George W. Bush in den Jahren 2001 und 2003 durchsetzte – und von denen überwiegend die Reichen profitierten –, von vornherein ausgeschlossen wären. Zudem sollte ein leistungsfähiges Konjunkturprogramm sechstens die kurzfristigen krisenbedingten Notlagen beheben.

Ein gutes Konjunkturprogramm sollte schlussendlich auch auf alle Bereiche abzielen, in denen Arbeitsplätze verloren gehen. Joseph Stiglitz nennt ein Beispiel: „Wenn die Verluste von Arbeitsplätzen wahrscheinlich dauerhaft sind, sollte das Konjunkturpaket Umschulungsmaßnahmen für Arbeitnehmer fördern, um ihnen die Kompetenzen zu vermitteln, die sie an ihren zukünftigen Arbeitsplätzen brauchen.“

Kurzbiographie: Joseph Stiglitz

Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft unter anderem an den Universitäten von Yale und Oxford, bevor er 1993 zu einem Wirtschaftsberater der Clinton-Regierung wurde. Anschließend ging er als Chefvolkswirt zur Weltbank. Im Jahr 2001 wurde Joseph Stiglitz mit den Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

Heute lehrt er an der Columbia University of New York und hat unter anderem die UN-Kommission zur Reform der internationalen Geld- und Finanzmärkte geleitet. Joseph Stiglitz hat mehrere Bücher geschrieben, darunter die Bestseller „Die Schatten der Globalisierung“ (2002), „Die Chancen der Globalisierung“ (2006) und „Im freien Fall“ (2010).

Von Hans Klumbies