Eine laxe Geldpolitik führt zur Gefahr der Stagflation

Eine laxe Geldpolitik führt zur Gefahr der Stagflation

Die US-Notenbank Federal Reserve (FED) hat kürzlich angekündigt, noch einmal 600 Milliarden Dollar in die amerikanische Wirtschaft zu pumpen, zusätzlich zu den 1,7 Billionen Dollar, die schon vorher in Konjunkturprogramme geflossen waren. Die FED glaubt, dass die amerikanischen Banken dieses zusätzliche Geld als Kredite an Unternehmen und Privatleute weiterreichen, um das Bruttoinlandsprodukt zu steigern. Doch der Plan der US-Notenbank scheint nicht aufzugehen, da die Dollars aus Amerika in Schwellenländer wie Brasilien abfließen. Brasilien ist davon überhaupt nicht begeistert, da durch die Geldschwemme die Inflation im Land steigt. Nicht nur die Amerikaner haben die Geldmenge erhöht, Japan und Europa haben nachgezogen, wodurch die Gefahr einer Inflation in den Industrieländern zugenommen hat.

Es herrscht Uneinigkeit unter den Ökonomen über die Gefahr einer Inflation

Pessimistische Ökonomen befürchten schon eine Hyperinflation, wie sie einst in der Weimarer Republik herrschte. Aber es gibt auch Wirtschaftsexperten, die völlig anderer Meinung sind und belegen ihre Ansicht mit den aktuellen Inflationsraten: Weder in den USA, noch in Japan oder Europa steigen die Durchschnittspreise. Der Chefökonom der Fondsgesellschaft Invesco, John Greenwood, sagt: „Inflation wird nicht durch Gelddrucken erzeugt. Die Inflation steigt erst dann, wenn die Banken Kredite vergeben.“

Brasilien - ZuckerhutJohn Greenwood erläutert, dass die Banken deswegen keine Kredite vergäben, weil sie das viele neue Geld bräuchten, um ihre Bilanzen zu verbessern. Der Ökonom stellt fest: „Und die Privatleute wollen keinen Kredit, weil sie zu hohe Schulden haben. Und die Unternehmen holen sich das Geld lieben an der Börse.“ Da das Geld nicht zirkuliere, werde es zumindest in den Industrieländern keine Inflation geben. In den Schwellenländern aber bestehe diese Gefahr.

Das größte Problem ist die private Verschuldung

Andreas Rees, Chefökonom der Unicredit, weist darauf hin, dass China in der vergangen Woche einen überraschend starken Anstieg der Verbraucherpreise gemeldet hat, während der Anstieg von 0,6 Prozent in den USA auf den tiefsten Stand der 1960er Jahre sank. Andreas Rees erklärt: „Auf der einen Seite üben das unterdurchschnittliche Wachstum und die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit in den USA einen starken Preisdruck nach unten aus. Auf der anderen Seite der Interessenskala stehen die Chinesen, für die die Geldschwemme zur Unzeit kommt.“

Alle westlichen Notenbanken planen beim kleinsten Anstieg der Inflation, das überschüssige Geld wieder aus dem Markt zu nehmen. Doch niemand hat eigentlich ein Interesse an höheren Zinsen. Schon gar nicht die Staaten, die eine hohe Verschuldung drückt, da ihre Zinslast durch so eine Maßnahem erhöht würde. Für Chefökonom John Greenwood ist die private Verschuldung das größte Problem. Er sagt: „Die Verbraucher müssen sparen. Dadurch sinkt das Bruttoinlandsprodukt. Es ist ein langer Gesundungsprozess.“

Stagflation bedeutet wenig Wachstum bei hoher Inflation

Joachim Fels, Analyst bei Morgan Stanley, befürchtet für die Industrienationen ein Desaster – das Gespenst der Stagflation. Ökonomen definieren die Stagflation wie folgt: Wenig Wachstum bei hoher Inflation. In den siebziger Jahren gab es eine schreckliche Stagflation, die für viele Ökonomen durch die rapide steigenden Ölpreise verursacht worden ist.

Joachim Fels ist anderer Meinung. Er weist darauf hin, dass in den letzten Jahren die Ölpreise auch stark angestiegen sind und es dennoch zu keiner Stagflation kam. Der Analyst erläutert: „Wir glauben deshalb rückblickend, die Stagflation der Siebziger lag an der damals sehr lockeren Geldpolitik, die es der Opec erst erlaubte, die Rohölpreise zu erhöhen. Wir sehen heute einige Parallelen zu den 1970er Jahren.“

Von Hans Klumbies