Der Schweizer Ökonom Hans Christoph Binswanger erwartet keine Staatspleiten, obwohl Griechenland, Portugal, Irland und selbst die USA hoch verschuldet sind. Pleite gehen kann seiner Meinung nach nur eine Institution, für die es definitive Grenzen der Verschuldung gibt. Für den Staat trifft dies nicht zu, weil die Zentralbanken nicht mehr dem Zwang unterstehen, die Banknoten in Gold einzulösen. Hans Christoph Binswanger sagt: „Sie können daher das Geld unendlich vermehren und so auch dem Staat, wenn er sich verschuldet, im Prinzip immer unter die Arme greifen, indem sie Staatsschulden ankaufen.“ Der Ökonom schränkt allerdings ein, dass dies nicht für alle Länder in gleicher Weise gilt. Man muss zwischen Ländern wie den USA, die eine eigene Währung haben, und Staaten, die ein Teil einer Währungsunion sind, unterscheiden.
Ein Staatsbankrott ist gefährlicher als die Inflation
So kann beispielsweise die Fed, die Zentralbank der USA, im Prinzip beliebig viele Staatsschulden in Dollar ankaufen, wodurch der Kurs des Dollars sinkt. Hans Christoph Binswanger erklärt: „Die Abwertung des Dollars verhindert den Staatsbankrott.“ Im Euro-Raum dagegen ist eine Abwertung der Währung in einzelnen Staaten nicht möglich. Hier treten an die Stelle der Abwertung die Finanzhilfen der Gläubigerländer, die sich von der Europäischen Zentralbank Geld leihen können. Zudem gibt es Beihilfen der internationalen Organisationen wie des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Die Gläubigerstaaten verlangen von ihren Schuldnern Einsparungen, Steuererhöhungen oder den Verkauf von Staatseigentum. Unter Umständen könnten auch Umschuldungen notwendig werden. Kann man die Widerstände gegen diese Maßnahmen nicht überwinden, bleibt als letzter Ausweg nur noch die Inflation übrig. Hans Christoph Binswanger sagt: „Die Inflation birgt zwar große Gefahren. Man wird diese aber eher in Kauf nehmen, als den Staatsbankrott.“
Der Ausstieg aus der Atomenergie ist eine zwingende Notwendigkeit
Nachbesserungsbedarf sieht Hans Christoph Binswanger auch in der Berücksichtigung der Umwelt in der Wirtschaftstheorie. Er vertritt folgende Thesen: „Wir müssen die Modellvorstellung von unserer Wirtschaft als einem geschlossenen Kreislauf radikal ändern. Man muss der Tatsache Rechnung tragen, dass die wirtschaftliche Produktion die Ökosphäre in mehrfacher Hinsicht belastet, ihr die natürlichen Ressourcen entnimmt, die Abfälle an sie abliefert und sie auch durch Ausbreitung der Wirtschaftsphäre verdrängt. Der wirtschaftliche Kreislauf weitet sich zu einer nach oben offenen Spirale aus.“
Für Hans Christoph Binswanger ist auch der Ausstieg aus der Atomenergie eine absolute Notwendigkeit. Die Gefährlichkeit der Atomenergie ist dramatisch, wie sich in Japan wieder eindrucksvoll gezeigt hat. Der Ökonom will aber noch mehr und fordert: „Der Ausstieg lässt sich aber nicht allein durch eine Energiewende realisieren. Es braucht dazu auch eine Wirtschaftswende, das heißt eine Reduktion der hohen globalen Wachstumsraten.“
Von Hans Klumbies