Zu wissenschaftlichem und politischem Weltruhm gelangte Gunnar Myrdal durch seinen nicht zu widerlegenden Nachweis, dass das Laisser-faire-Prinzip nicht zu einer prästabilen Ordnung führt, sondern zu kumulativem Wachstum oder stetigem Verfall. Dabei werden positive oder negative Prozesse durch Entscheidungen oder Handlungen so aneinadergereiht, dass sie eine Spirale der Selbstverstärkung in Gang setzen. Der geniale Ökonom Gunnar Myrdal folgerte daraus, dass Wohlfahrt für möglichst viele Menschen im System einer Marktwirtschaft nicht ohne das regulierende Eingreifen eines starken Staates möglich ist.
Es gibt keine wertfreie ökonomische Theorie
Gunnar Myrdal, 1898 im schwedischen Gustafs geboren, studierte zunächst Jura und dann auf Anraten seiner gewiss ebenso berühmten Frau, der Soziologin und Friedensforscherin Alva Myrdal, Volkswirtschaft, Soziologie und Finanzwissenschaft. In seiner Dissertation von 1925 vertrat er die These, dass eine wertfreie ökonomische Theorie nicht möglich ist. Er wies nach, dass in jeder ökonomischen Gesellschaftstheorie ein politisches Element vorhanden ist, das von Werturteilen geprägt ist.
Gunnar Myrdal verfeinerte die Konjunkturtheorie von Knut Wicksal, indem er in sie das Konzept des geplanten und des tatsächlichen Handelns und dessen Ergebnisse mit einflocht. Aus dieser Arbeit entwickelte sich seine Theorie der zirkulären Verursachung mit kumulativen Effekten. Laut Gunnar Myrdal kommt es zu weiteren Investitionen, wenn die tatsächlich vorgenommenen Investitionen größer sind als die geplanten. Die Wirtschaft befindet sich dann im Aufschwung.
Gunnar Myrdal erhält den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften
Falls die tatsächlichen Investitionen allerdings niedriger als die geplanten ausfallen, so kehrt sich der Effekt um und es kommt zu einem Abschwung. Für diese Theorie erhielt Gunnar Myrdal 1974 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Gunnar Myrdal teilte nicht die traditionelle Auffassung, wonach der Freihandel zwischen hoch entwickelten Ländern und Entwicklungsländern deren Niveaus in der Produktion und im Preis ausgleicht.
ging davon aus, dass der Freihandel die Ungleichheit eher noch verstärkt als beseitigt. Investitionen in Entwicklungsländern müssen laut Gunnar Myrdal in der ersten Phase vor den Kräften des Marktes geschützt werden, weil sie zunächst keinen Gewinn abwerfen. Die Leitung für das gesamte Entwicklungskonzept sollte in den Händen des Staates liegen.
Bei ethnischen Konflikten gibt es keinen Frieden, wenn es einen Sieger gibt
Unter dem Eindruck wachsender Korruption seitens der Regierungen revidierte Gunnar Myrdal seine Meinung in späteren Jahren und trat dafür ein, Hilfsgelder möglichst direkt an Projekte zu vergeben und scharf zu kontrollieren, wie das Kapital eingesetzt wird. Der Ökonom beschäftigte sich nicht nur mit wirtschaftlichen Problemen, sondern auch mit sozialen Prozessen wie dem Rassenkonflikt in den Vereinigten Staaten.
Bei ethnischen Konflikten bedingen sich die Ursachen laut Gunnar Myrdal gegenseitig. Auswege aus einer Krise gibt es erst dann, wenn alle Betroffenen und Beteiligten ihre einseitigen Ansichten ändern. Die Möglichkeit eines Friedens durch den Sieg einer Partei schloss er aus.
Als Sozialdemokrat war Gunnar Myrdal auch in der politischen Praxis aktiv. Unter anderem war er von 1947 bis 1957 Generalsekretär der UN-Wirtschaftskommission. Daneben tat er sich als Gründer von Institutionen hervor, indem er das Institut für Internationale Wirtschaftsstudien ins Leben rief und den Anstoß zur Gründung des Stockholmer Instituts für Friedensforschung gab. Gunnar Myrdal starb am 17. Mai 1987 in Stockholm.
Von Hans Klumbies